Das Wort tattva ist aus zwei Sanskrit-Begriffen zusammengesetzt. „Tat“ heißt DAS und „tvam“ bedeutet DU. Tattva wird meistens mit „So-Sein“ übersetzt, was auf das wahre Wesen hinweist, das nicht weiter reduzierbar oder ableitbar ist. Im tantrischen Kontext bedeutet „tat“ auch das Göttliche, während „tvam“ auf das Individuum hinweist. Diese Übersetzung deckt sich mit der hermetischen Aussage: „Wie im Makrokosmos, so im Mikrokosmos.“
Tattva wird auch als mahā-vākya bezeichnet, als „das große Wort, durch das die Identität der ganzen Welt mit dem einen ewigen Absoluten ausgedrückt wird“.
Der tantrische Tattva-Yoga definiert den Yoga-Weg nicht als „Anjochung“ an das und auch nicht als „Verbindung“ mit dem Göttlichen. Tantra geht davon aus, dass wir immer göttlich sind. Die gesamte Wirklichkeit mit all ihren Aspekten (die ebenfalls als tattvas bezeichnet werden) wird in jedem Augenblick aus Śiva, dem Göttlichen, in dem alles liegt, mit Hilfe seiner Śakti manifestiert. Bezüglich der Göttlichkeit der Schöpfung gibt es keinen Unterschied zwischen der kleinsten Alge am Meeresgrund und dem Erleuchtungserlebnis eines Yoga-Meisters.
Tantrischer Yoga setzt auf die Kraft des Wiedererkennens und Erweckens. Er weiß um die verborgenen Zentren (marmas), die in der Gegenwärtigkeit dem Körper helfen, sich an die Form einer Haltung (āsana) zu erinnern, er kennt die Auslösefaktoren, mit deren Hilfe feinstoffliche Energie (kuṇḍalinī) zum Fließen gebracht wird, er überblickt die Kräfte des Geistes (svara), die die cakras erwecken.
Im Tattva-Yoga wird ein Erkenntnis-Weg beschritten, der auf dem Verständnis der spirituellen Tiefenpsychologie des Yoga beruht. Die Stufenfolge, in der Tattva-Yoga ausgeübt wird, beinhaltet 84 basale tantrische Übungen, die aufeinander aufbauen und dazu entwickelt und zusammengestellt wurden, den Prozess des Erwachens der psychischen und essenziellen Lebenszentren anzuregen.
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